Mittwoch, 30. September 2015

Früher vs. Heute I

Es gibt Leute, die brauchen einen Rollstuhl, gehen an Krücken, sehen oder hören schlecht - und finden sich trotzdem alleine in einer Stadt zurecht. Jetzt, mit Kinderwagen, kann ich vielleicht etwas besser abschätzen, was das bedeutet - und ich bin tief beeindruckt.

Früher: Ich vor dem Tibits, in 3 Minuten fährt der Zug im RBS-Bahnhof, easy, längt guet, sogar im Feierabendgewusel.
Heute: Der Lift braucht schon 2.5 Minuten, bis er überhaupt seinen Sesam öffnet. Keine Chance mit Kinderwagen. Wenn ich Schwein hab, seh ich vielleicht noch die Schlusslichter des Zuges.

Früher: Ich sehe den Bus um die Ecke biegen, spurte noch 150m bis zur Bushaltestelle, längt, auch wenn ich etwas ausser Puste gerate.
Heute: Ich sehe den Bus um die Ecke biegen, warne Mändeler, spurte los, kurve um eine ältere Frau, dann um eine Gruppe Touristen, kollidiere fast mit einem Hund - und kann dem Bus grad noch "Ciaociao" winken.

Früher: Ich muss noch ein Brot, ein paar Eier, etwas Milch holen, gehe halt schnell in den Ryffli (für alle Nicht-Berner: Das ist ein riesiges Coop grad neben dem Bahnhof), speede durch das Labyrinth an Gängen, erwische die Expresskasse. Zack, over and done.
Heute: Ich muss in den Lift. Es gibt aber nur einen Lift - und davon mehr beim nächsten Mal. Das ist nämlich ein ganzer Eintrag wert. Promis!

Dafür für heute noch dies: Mändeler und ich sind kürzlich am Bahnhof wieder mit Schoggi beschenkt worden. Der nette Werber hat gesagt:
"Zwöi Schöggeli, eis fürz Mami u eis fürz Bébé."

Ehmmm - ja?

Mittwoch, 16. September 2015

Fototermin

Habt ihr schon einmal mit einem Baby eine ID gemacht? Nein? Klingt auch nicht so dramatisch, oder?
Tja - falsch gedacht. In unserem Fall zumindest. Die ID per se wäre wohl weniger das Problem, aber bringe ein knapp 2 Monate altes Baby dazu, genau in die Kamera zu schauen. Ohne zu gähnen. Ohne zu lachen. Ohne zu blinzeln. Ohne zu weinen. Ohne den Kopf zu drehen. Nein, auch nicht minim.

Du kommst an den Schalter, frohen Mutes, die nette Lady mit den langen Fingernägeln (die sich später noch als gäbig herausstellen werden) erfasst deine Personalien, du unterschreibst, alles picobello, du legst den kleinen Mändeler auf das graue Frottéetüechli und denkst, die 3 roten Lämpli da oben, die müssten doch zu schaffen sein.

Nach 7 misslungenen Versuchen (da Mändeler entweder die Ärmli ins Bild streckt oder man deine Hände sieht), kommt die Langfingernägellady und sagt:

"Är mues grad luege. Grad ufe. Gäbet ihm doch mau dr Nüggu."

Du wiederholst die ganze Geschichte, musst aber jetzt zusätzlich noch schauen, dass der Nuggi zum Zeitpunkt des Abdrückens nicht mehr im Mändelermündchen steckt. Und gleichzeitig die Händchen vom Mändeler festhalten. Und unbedingt deine eigenen Hände weg. Hände weg!

Nach weiteren gefühlten 10 misslungenen Versuchen kommt die Langfingernägellady wieder und sagt:

"Är mues grad luege. Grad ufe. Mir tüe mau obe chlöpferle. Mini Kollegin macht ds Föteli."

Spätestens da wird dir klar - du bist wohl ein schwieriger Fall. Die Langfingernägellady setzt ihre langen Fingernägel gekonnt ein und trommelt an die Decke neben den roten Lämpli, was das Zeug hält. Bringt nur leider nicht viel. Entweder ist die Reaktionszeit der neuen Lady, die das Foto schiesst, zu lange, oder was weiss ich. Die Langfingernägellady sagt leicht genervt:

"Är mues grad luege. Grad ufe. Wiso macht er das nid? Hett er Hunger?"

Ja! Hat er! Schliesslich sind wir seit 25 Minuten dran! Ich hab zwar noch keinen Hunger, aber Schweissausbrüche.

Immer wieder schreien entweder die Langfingernägellady oder ich abwechslungsweise: "Jetzt!" - aber den goldenen Moment erwischen wir nicht.

Irgendwann heult Mändeler nur noch. Ich sage:

"I gibe ihm öppis ztrinke u när probiere mer nomau."

Die Langfingernägellady meint: "Nei, när hei mer ke Zyt me. Ds mues iz ga."

Ich schliesse die Augen - und dann - Zufall? Glück? - muss Mändeler Luft holen, um erneut schreien zu können. Genau dann schaut er gerade mit offenen Augen nach oben. Und Lady 2 drückt genau dann auf den Auslöser!

Uff! Foti im Kasten!


Donnerstag, 3. September 2015

Mändeler

Okay. Eigentlich finde ich, es gehe gar nicht, wenn man plötzlich über seinen Nachwuchs bloggt. Und doch gerate ich mit unserem kleinen Mändeler immer wieder in derart lustig-abstruse Situationen, dass ich die euch eigentlich nicht vorenthalten möchte. Dazu muss auch festgehalten werden, dass meine lieben SuS (für alle Nicht-Lehrpersonen: Schülerinnen und Schüler) und Studierende eine Pause (aber nur eine Pause, haha!) von mir haben und deshalb zur Zeit nicht als Quelle dienen können. Da muss ich eben auf Mändeler ausweichen. Alsooo.

Kürzlich, in der Migros (da bin ich in letzter Zeit oft), kriegt Mändeler mal wieder genau bei der Kasse Hunger. Eine Minute früher hat er noch gelacht und gegurrt, er kann also noch nicht am Verhungern sein. Ich scanne meine Einkäufe mit der einen Hand, stopfe mit der anderen Hand den Nuggi in Mändelers Mund und bugsiere gleichzeitig den Kinderwagen aus dem Weg, weil eine Angestellte mich ansteuert; beruhigend auf Mändeler einredet und mir mitleidige Blicke zuwirft. Ich zucke die Schultern, lächle entschuldigend und sage:
„Är hett haut Hunger.“
Darauf sie ganz erfreut:
„Aha, wartet, i ha nech öppis...“
Sie taucht hinter irgendeinem Möbelstück ab.
Ich wäre mittlerweile fertig mit Scannen habe alles beladen, Mändeler weint, gern würde ich ins Migros-Restaurant (da bin ich in letzter Zeit auch oft), um den Mändeler zu stillen, das wäre aber unhöflich, also harren Mändeler mit Nuggi und ich aus, und da taucht sie mit strahlendem Lächeln wieder auf und streckt mir triumphierend 4 Schöggeli hin:
„Für öies Ching“.

(I meine. Er isch 6 Wuche aut. Aber: Jöö.).